Kritik I: Sigma 8/3,5 - Ungewöhnliche Perspektiven mit Fischeiern
Vorbemerkungen
Ich bin bekennender Weitwinkelfanatiker. Und auch Fischaugen haben mich schon bald fasziniert, nachdem ich mit dem "richtigen" Photographieren angefangen habe. Nachdem ich mich erst mit einem billigen, wenn auch preiswerten (you get, what you pay for) weißrussischen Exemplar rumgeschlagen habe, musste doch ein richtiges her. Die Auswahl stand zwischen dem Sigma 8/3,5, dem Nikon 10,5/2,8 und dem Tokina 10-17/3,5-4,5.
Vorauswahl
Das Sigma ist ein zirkuläres Fischauge für 35mm-Filmkameras, die andern beiden sind sogenannte Vollformatfischaugen für das DX-Format. Das heißt, das Sigma macht auf einem normalen Kleinbildnegativ ein kreisrundes Bild (Bild I und II), das in alle Richtungen 180° Bildwinkel hat, am kleineren DX-Format bleiben die 180° immerhin in der Horizontale und der Diagonale erhalten. Dafür hat man dann schwarze Ecken, weil das DX-Format ein Stück aus dem Kreis herausschneidet (Bild III), die man aber mittels Photoshop ganz leicht verschwinden lassen kann (Bild IV).
Bild I: Kreisrundes Bild mit 180° in allen Richtungen beim Knipsen auf Film
Bild II: Dramatische Perspektive dank kurzer Naheinstellgrenze
Die andern haben am DX-Format einen Bildwinkel von 180° in der Diagonalen, machen dafür aber auch keine schwarzen Ecken (Bild V).
Kurze Zusammenfassung des Vergleichs: das Nikon war erwartungsgemäß das schärfste, schon bei Offenblende rattenscharf, das Tok und das Sigma nahmen sich nicht viel, das Tok ist bei Offenblende etwas kontrastreicher, dafür am kurzen Ende auch etwas streulichtempfindlicher.
Den Ausschlag gab letzten Endes der Bildwinkel: 180° horizontal sind eben doch deutlich mehr als nur diagonal, vergleiche auch Bild III und V.
Bild III: Mainzer Dom von unten mit dem Sigma 8/3,5. Man beachte zum einen die schwarzen Ecken, zum andern den horizontalen Bildwinkel von 180° (Westchor und Altarraum komplett drauf)
Bild IV: Das gleiche Photo wie Bild III, aber mit Photoshop leicht entzerrt.
Bild V: Nochmal der Mainzer Dom, diesmal mit Tokina 10-17 bei 10mm: man beachte, daß es hier auch ohne Photoshop keine schwarzen Ecken gibt, dafür ist der Bildwinkel horizontal deutlich kleiner, der Westchor und der Altarraum sind nämlich nur noch ansatzweise mit drauf.
Bildqualität
Das Fischauge ist bereits bei Offenblende bereits überraschend scharf, sogar am Bildrand einigermaßen brauchbar, durch abblenden auf f8 kriegt man über das gesamte Bildfeld sehr scharfe und kontrastreiche Bilder - der 10 Megapixelsensor meiner D200 jedenfalls ist mit der Linse nicht unterfordert. DIe Lichtstärke in Verbindung mit der kurzen Brennweite ist ausreichend, um auch bei weniger gutem Licht noch freihand knipsen zu können - was meiner Passion, der Konzertphotographie, sehr entgegenkommt.
Auch das Gegenlichtverhalten ist hervorragend, wenn man den riesigen Bildwinkel in Betracht zieht: bei extremen Seitenlicht kann es mal ein paar Innenreflexionen geben, die aber relativ dezent ausfallen und beim Abblenden schwächer werden, ansonsten kein Problem. Bei einem Fischauge eigenlich eher albern, aber der Vollständigkeit halber doch erwähnt: das Bokeh. Ja, auch das sieht ganz gut aus, wenn man bei Offenblende ganz nah an irgendwas rangeht und den Hintergrund etwas verschwimmen läßt.
Haptik, Verarbeitung und Bedienung
Tja, die Sigmatypische DG-Oberfläche halt. Ich mag sie, andere Menschen mögen sie weniger - Geschmackssache. Jedenfalls fühlt sich das ganze ziemlich wertig und recht robust an, und auch das manuelle Fokussieren geht recht angenehm durch eine minimale Friktion.
Leider hat das Objektiv keinen eingebauten Fokusmotor, so daß manueller Override im AF-Modus nicht möglich ist, dennoch ist der AF mit meiner D200 ziemlich fix und präzise.
Die kurze Naheinstellgrenze von 15cm (3cm vor der Frontlinse) ermöglicht höchst dramatische Perpektiven.
Zu meinem Bedauern fehlt ein Blendenring, denn auch an der D200 stell ich die Blende lieber dort ein als mit dem fummeligen Drehrad am Gehäuse, und an meiner geliebten F801 ist das Fischauge so leider nur im P-Modus zu gebrauchen. Für die allermeisten Benutzer dürfte dies aber kein Problem darstellen.
Gewichts- und größenmäßig ist die Linse angenehm leicht und klein - etwas länger und etwa einen Zentimeter größer im Durchmesser etwa als ein 50/1,4 etwa.
Fazit
Wer den großen Bildwinkel braucht, kommt um diese Linse nicht herum. Wer mit etwas weniger zufrieden ist und/oder zu faul ist, ggf. die schwarzen Ecken beim DX-Format hinterher mit Photoshop herauszurechnen (geht aber eigentlich ganz einfach), fährt wahrscheinlich besser mit einem der beiden andern Fischaugen. Für DX-Kameras nicht zu empfehlen sind die analogen Vollformatfischaugen wie das Nikon 16/2,8, da durch den Crop nicht mehr viel Fisch übrig bleibt.
Literatur
Auf dieser Homepage gibt es viele, viele weitere Fischaugenbilder, viele davon noch mit dem weißrussischen Peleng, aber zunehmend mehr auch mit dem Sigma photographiert:
Vielleicht auch als Anregung dafür, was man mit einem Fischauge alles photographieren kann...
Labels: Fischauge, Kritik, Photokrams, Technik
Eingestellt von Erik Am/um 13.3.08
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